17 Aralık 2015 Perşembe

Was bedeutet „Muwahhid“?

Anlass dieses bescheidenen Textes ist eine neue „Mode“ unter einigen Muslimen, die sich in sozialen Netzwerken den Beinamen „Muwaḥḥid/Muwaḥḥida“ geben.
Sie sprechen sich gegenseitig mit dieser Bezeichnung an und richten ihre Beiträge gerne an „Muwaḥḥidūn“, verkaufen Bücher an „Muwaḥḥidūn“ und laden „Muwaḥḥidūn“ zum ʿĪd-Fest ein. Wenn man sie fragt, weshalb sie sich so bezeichnen, sagen sie, dass dies ja nur ein Synonym für das Wort „Muslim“ sei und eine ehrenhafte Bezeichnung, denn der Tauḥīd ist die Essenz des islamischen Glaubens und dies war auch schon die Botschaft des Vaters der Propheten, Ibrāhīm ﷺ, man findet bei ihnen auch gerne den Begriff „Millatu Ibrāhīm, Millatul-Ḥunafā, al-Ḥanifīyyah“, denn Allāh ﷻ beschrieb Ibrāhīm ﷺ in Seinem edlen Buch als „Ḥanīf“, was so viel bedeutet wie „rechtgläubig/dem richtigen Glauben angehörend“.
Daran ist zunächst nichts Verwerfliches, aber dennoch beobachten wir diese „Mode“ ein wenig mit Sorge, denn so gut wir auch gerne über jene Geschwister denken möchten, so fühlen sich sie durch diese Bezeichnung einer besonderen Gruppe zugehörig, nämlich jene, die den „wahren Tauḥīd“ als einzige verstanden hat. Es gibt noch andere Gruppen, die sich ähnlich benehmen und an ihrem Namen erkennbar machen möchten, welcher („siegreichen“) Gruppe, sie sich zugehörig fühlen, wie etwa die Geschwister, die sich der Kritik der Gelehrten verschrieben haben (gelobt werden eigentlich nur die aus ihren eigenen Reihen) und sich gerne „Salafī/Aṯarī“ nennen, denn ihrem Verständnis nach, haben sie als einzige die wirklichen Eigenschaften der „Salafiyyah“ inne. Das ist aber ein anderes Thema…
Wenn man sich die Gelehrten dieser Gemeinschaft anschaut, wenn man sich die frommen Vorfahren (Salaf as-Ṣāliḥ) anschaut, so findet man eigentlich niemanden, der sich einen solchen Beinamen gab. Vielmehr wurden sie bekannt durch Bezeichnungen wie „al-Muḥadiṯ, al-Ḥāfiz, al-Faqīh“, jedoch waren das keine Namen, die sich sich selbst gaben, vielmehr gaben ihre Schüler ihnen diese Namen, um sie zu ehren. Sie selbst bezeichneten sich als „Ṭuwailib“ (Schülerchen), al-Faqīr ilā Rabbihi“ (der Bedürftige nach seinem Herrn) oder sie machten an ihrem Namen erkennbar, welcher Rechtsschule sie folgten „al-Ḥanbalī, al-Māliki“ usw.
Das sind übrigens die gleichen Gelehrten, auf die sich heutige „Muwaḥḥidūn“ gerne stützen, so ist z.B. weder über Šayḫ al-Islām Ibn Taymiyyah, noch über Imām Ibn al-Qayyim bekannt, dass sie sich einen solchen Namen gaben.
Kommen wir nun zurück zu den Begriffen „Muwaḥḥid“ und „Muslim“, die ja anscheinend Synonyme sind. Synonyme jedoch in welcher Hinsicht? Beide Personen fühlen sich dem Islām zugehörig, doch bei x Milliarden Muslime, gibt es natürlich Unterschiede und so sagt Allāh ﷻ selbst in Seinem edlen Buch: „Sind etwa diejenigen, die wissen, jenen gleich, die nicht wissen?“ Die Stufen unter den Muslimen sind also abhängig vom Wissensstand über die gesamte Religion, rechtfertigt dies jedoch, dass man seinen Wissensstand am Namen erkennbar machen muss?
Kommen wir erst einmal zum Wort „Muwaḥḥid“:
Es kommt sprachlich vom Wort „Tauḥīd“, was normalerweise mit „Eingottglaube“ übersetzt wird. „Tauḥīd“ kommt im Arabischen von der Wortwurzel „waḥḥada/yuwaḥḥidu - وحد يوحد“, dies bedeutet eine Sache „zu eins erklären“, oder deren „Einzigkeit zu erklären“. In Bezug auf Allāh ﷻ will damit also ausgesagt werden, dass Allāh ﷻ die einzige Gottheit ist und keinen Teilhaber hat.
Ein „Muwaḥḥid“ ist also eine Person, die bezeugt, dass Allāh ﷻ ein Einziger ist. Was ist nun ein „Muslim“?
Das Wort Muslim kommt von der Wortwurzel „salima“ - سلم und bedeutet „sich ergeben/sich unterwerfen“, ein Muslim ist also eine Person, die sich völlig dem Willen und den Befehlen Allāhs ergibt. Somit beinhaltet das Wort Muslim den Begriff „Muwaḥḥid“, denn einer der Befehle Allāhs lautet, Ihn einzig und alleine anzubeten. Man sollte also meinen, der Begriff Muslim ist schon die schönste Bezeichnung und beinhaltet auch den Begriff "Muwaḥḥid", jedoch implizieren jene Geschwister in den Begriff „Muwaḥḥid“ ein „vollkommenes“ Verständnis des Tauḥīd, das die „normalen“ Muslime ihrer Meinung nach nicht inne haben.
Schauen wir uns noch die anderen Begriffe an, die sie gerne verwenden, um sich von den „normalen“ Muslimen zu unterscheiden; sie reden immer von der „Millatu Ibrāhīm“. Was bedeutet das?
„Millah“ bedeutet sprachlich gesehen einfach Gemeinschaft und somit bedeutet „Millatu Ibrāhīm“ also „die [Glaubens]gemeinschaft von Ibrāhīm“. Ebenso bekannt ist der Begriff „Millatul Ḥunafāʾ“ bzw, „al-Ḥanīfiyyah. Auch damit ist Ibrāhīm ﷺ gemeint, denn Allāh ﷻ beschrieb ihn in Seinem edlen Buch als „Ḥanīf“, was so viel bedeutet wie „rechtgläubig/dem richtigen Glauben angehörend“.
Allāh ﷻ sagt: „Ibrāhīm war weder ein Jude noch ein Christ, sondern er war Anhänger des rechten Glaubens, […]
Somit wird einem klar, weshalb die „Muwaḥḥidun“ diese Bezeichnung gerne für sich beanspruchen, doch wenn man sich weitere Verse über Ibrāhīm ﷺ anschaut, wird man sehen, dass er diese Bezeichnung 1. nicht sich selbst gab und 2. eine andere wählte. Der zuletzt erwähnte Vers geht nämlich noch weiter, so sagt Allāh über Ibrāhīm ﷺ nicht nur Anhänger des rechten Glaubens, sondern auch: „[…] einer, der sich Allah ergeben hat (مسلماَ), und er gehörte nicht zu den Götzendienern.“
In einem weiteren Vers heißt es:
„(Damals,) als sein Herr zu ihm sagte: ‚Werde Muslim!“ sprach Er: ‚Ich habe mich dem Herrn der Weltenbewohner ergeben.‘“ (Aslamtu li rabbil-ʿalamīn)
Die Ḥanīfiyyah, die Allāh ﷻ Ibrāhīm ﷺ zuspricht, definiert der Tafsīr-Gelehrte As-Saʿdī folgendermaßen:
[Al-Ḥanīfiyyah] bedeutet: sich Allāh zuzuwenden, sich von allem anderen abzuwenden, standhaft auf dem Tauḥīd zu sein, den Širk und die Schmähung [Allāhs] zu unterlassen, in der Befolgung dessen liegt die Rechtleitung und im Abwenden von seiner [i.E. Ibrāhīms] Gemeinschaft liegen der Unglaube und die Irreleitung.
Ibrāhīm ﷺ ist also der „Muwaḥḥid“ schlecht hin, wenn man so will, aber dennoch bezeichnet er sich als Muslim und rät seinen Söhnen in einer anderen Āyah nicht anders als Muslime zu sterben, weder als Ḥunafāʾ, noch als Muwaḥḥidūn.
Diese Selbstläuterung, sich als Muwaḥḥid zu bezeichnen, ist deshalb zu kritisieren, weil Allāh auch die Wüstenaraber kritisierte, als sie über sich selbst sagten: „Wir glauben!“ Allāh wies dem Gesandten ﷺ daraufhin an, zu sagen: „Sprich: Ihr glaubt (noch) nicht, sagt vielmehr: ‚Wir sind Muslime.‘ denn der Glauben ist noch nicht in euere Herzen eingedrungen.“ (49:14)
Die Wüstenaraber sagten dies zwar nur, um dadurch in den Schutz des Gesandten ﷺ zu treten, und der Gesandte ﷺ wusste dies und dennoch wies er sie an zu sagen ‚wir sind Muslime‘, und Allāh sagt daraufhin, dass ihr Herz noch nicht mit dem Glauben erfüllt ist, denn das ist es was wirklich zählt, dass das Herz aufrichtig ist und nicht die äußere Erscheinung oder die Taten. (Tafsīr Ismāʿīl as-Sadī, nicht zu verwechseln mit as-Saʿdī)
Ebenso alle anderen Propheten im Qurʾān, bezeichneten sich selbst als Muslime, obwohl die Religion „Islām“, wie sie der Gesandte Allāhs ﷺ dann lehrte, nicht existent war. Wenn man also rein bei der sprachlichen Definition der Worte Muslim und Muwaḥḥid bleiben möchte, so waren sie alle Muwaḥḥidūn - sie bezeugten die Einzigkeit Allāhs, aber nannten sich Muslimūn und so bezeichnet auch Allah ﷻ sie im Qurʾān.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass jeder Muslim ein Muwaḥḥid ist und jeder Muwaḥḥid ein Muslim und sie sich vor Allāh ﷻ in ihren Herzen unterscheiden, denn weder ein Name, noch ein Gebet in der Moschee, noch ein Bart oder ein Hiǧāb sagen etwas über den Imān und das Tauḥīdverständnis einer Person aus. Der Gesandte Allāhs ﷺ sagte: “Allāh schaut nicht auf eure Gestalten und eure Güter, sondern auf eure Herzen und Taten.” (Muslim) Das bedeutet nicht, dass die Äußerlichkeiten unwichtig sind, sondern vielmehr, dass sie nicht der Maßstab sind für einen starken Imān, denn dieser befindet sich in erster Linie im Herzen und in dieses hat nur Allāh ﷻ Einblick.
Abschließen möchte wir mit einem Ḥadīṯ und einer Āyah.
Der berühmte Ḥadīṯ, in dem Ǧibrīl dem Gesandten Allāhs ﷺ drei Fragen stellt: Was ist Islām? Was ist Imān? Was ist Iḥsān? Dieser Ḥadiṯ lehrt uns die Stufen, die ein Mensch im Imān erreichen kann und da der Muwaḥḥid und der Muslim quasi auf einer Stufe stehen, da das eine, das andere beinhaltet, ist die nächste Stufe der Muʾmin und sodann der Muḥsin, der Allāh ﷻ so dient, als würde er Ihn ﷻ sehen.
Dies sollten wir anstreben, jedoch ohne uns so nennen zu müssen und schon gar nicht, um uns von anderen zu unterscheiden; nichts spaltet die Muslime heutzutage so sehr, wie diese Beinamen und Bezeichnungen, die sich in unsere Köpfe eingebrannt haben.
Und Allāh ﷻ sagt:
„Und wer ist besser im Gesagten als derjenige, der zu Allāh ruft, gottgefällig Gutes tut und sagt: "Gewiß, ich bin von den Gottergebenen (Muslimīn).“ (Sūrah 41/33) Gibt es ein besseres Wort, als das Wort Allāhs und eine bessere Bezeichnung, als jene, die Allāh gewählt hat?
Und Allāh weiß am besten Bescheid.

Worterklärung:
Al-Muḥḥadiṯ: Gelehrter der Ḥadīṯ-Wissenschaft.
Al-Ḥāfiz: Gelehrter der Ḥadīṯ-Wissenschaft, der mehr als 100000 Ḥadīṯe auswendig kennt.
Al-Faqīh: Gelehrter der Rechtswissenschaft (Fiqh).]

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